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Ausstellung / Schwäbisch Gmünd / Quellen / Übernahme der Post durch das Königreich Württemberg 1850 |
Quelle: Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg No. 80 vom 18.12.1849 |
Wilhelm, König von Württemberg |
Nachdem die Unterhandlungen, welche wegen Aufhebung des zwischen dem Staate und dem Fürstlichen Hause Thurn und
Taxis hinsichtlich der Königlichen Posten bestehenden Lehenverbandes im Wege der freien Uebereinkunft gepflogen worden sind, zu einem
befriedigenden Ziele nicht geführt haben; so verkündigen Wir nunmehr das nachstehende - von Uns, nach Vernehmen Unseres
Geheimen=Rathes und unter Zustimmung Unserer getreuen Stände beschlossene und schon am 6. Juli d. J. sanctionirte Gesetz, welches, unter
Beifügung des Vollzugstermins, also lautet: Zu Vollziehung des §. 39 der Grundrechte verordnen und verfügen Wir, nach
Anhörung Unseres Geheimen=Rathes und unter Zustimmung Unserer getreuen Stände, über die Verwaltung der Posten wie folgt: |
Art. 1 |
Der durch Vertrag vom 27. Juli / 9. Septbr. 1819 begründete Lehensverband zwischen der Krone und dem fürstlichen
Hause von Thurn und Taxis hinsichtlich der Posten löst sich im Ablauf des 31. December des gegenwärtigen Jahres auf. Mit diesem
Zeitpunkte erlischt die Würde und das Amt eines Königl. Württembergischen Erb= und Land=Postmeisters, und fällt das
nutzbare Eigenthum und die Verwaltung sammtlicher Posten im Königreicht und der damit verbundenen nutzbaren Postrechte wieder an den Staat
zurück; die Fürst Erbland=Postmeister wird seiner durch den Lehensvertrag übernommenen Pflichten ledig und von fernerer Entrichtung
der Lehensabgaben (insoweit diese nicht für die Benützung des Lehens bis zum 31. December d. J. noch zu leisten sind) befreit. |
Art. 2 |
Mit dem Zeitpunkte des Ueberganges der Verwaltung der Posten sind sämmtliche bei den Königl. Posten angestellte
Diener ihrer Dienstpflichten gegen den Fürsten Erbland=Post=meister entbunden; jedoch haben sie die bis zu diesem Zeitpunkte
rückständigen Arbeiten, Abrechnungen u. f. m., welche den laufenden Postdienst betreffen, für den Fürsten Erbland=Postmeister
noch nachzuholen und demselben für das letzte Vierteljahr seiner Verwaltung die übliche Abrechnung zu leisten. Vom 1.Januar 1850 an
werden diese Diener mit ihren Dienstrechten in den unmittelbaren Staatsdienst übernommen und ihre Besoldung und Ruhegehalte aus der
Staatskasse verabreicht. Ebenso werden die Pensionen der bereits in Ruhestand versetzten Königl. Postofficianten und ihrer Angehörigen
von genanntem Zeitpunkte an von der Staatskasse ausbezahlt, insoweit sie nach den Bestimmungen des Art. 19 der Königl. Verordnung vom 9.
September 1819 verwilligt worden ist. |
Art. 3 |
Das der Postverwaltung zugehörige Inventarium ist am 1. Januar 1850 von dem Staate zu übernehmen. Insoweit
sich beide Theile über den Kaufpreis oder über ein Schiedsgericht zu Festsetzung desselben nicht verständigen können, wird
derselbe durch das Bezirksgericht, in dessen Bezirke die betreffende Postanstalt gelegen ist, bestimmt. |
Art. 4 |
Ebenso sind die der Postverwaltung zugehörigen Gebäude am 1. Januar 1850 käuflich zu übernehmen,
wenn der Fürst binnen einer von der Staatsbehörde ihm anzuberaumenden Frist sich bereit erklärt, dieselben an den Staat
käuflich zu überlassen. Vermögen sich beid Theile über den Kaufpreis nicht zu einigen, so ist derselbe von dem
zuständigen Richter (vergl. Art. 3) durch Schätzung des Werthes des oder der betreffenden Gebäude festzusetzen. Die
Staatskasse ist gestattet, den Kaufpreis für die übernommenen Postgebäude und Postinventarstücke in zehen vom 1. Januar
1850 an mit fünf von hundert zu verzinsenden Jahreszielen zu entrichten. |
Art. 5 |
Mit Ablauf des 31. December d. J. endet der Geschäfts= und Wirkungskreis der Generaldirection der Königl. Posten
in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsbehörde der Württembergischen Posten. Dieselbe hat sofort die auf die Württembergische
Postverwaltung bezüglich in ihrem Besitze befindlichen Akten einem Königl. Commissär zu übergeben, bezieungsweise in
Gemeinschaft mit demselben von ihren übrigen Akten auszuscheiden. Die Einsichtnahme der dem Staate verbleibenden Akten, welche die
Verwaltung der Württembergischen Posten durch das Fürstl. Haus von Thurn und Taxis betreffen, steht übrigens dem Fürsten
oder seinen Rechtnachfolgern jederzeit offen, gleichwie von denjenigen auf die Württembergischen Posten sich beziehenden Akten, welche wegen
ihres auf die übrigen Taxisschen Lehensposten sich erstreckenden Inhaltes dem Fürsten von Taxis zu belassen sind, dem
Württembergischen Staate das Recht der jederzeitigen Einsichtnahme verbleibt. |
Art. 6 |
Die während der Verwaltung der Königl. Posten durch den Fürsten Erbland=Postmeister entstandenen und noch
entstehenden Verbindlichkeiten der Postanstalt werden mit den in den Art. 2 und 7 des gegenwärtigen Gesetzes angeführten Ausnahmen auf
die Staatskasse nicht übernommen. Derselbe hat hinsichtlich solcher Ansprüche vor den inländischen Gerichten, bezieungsweise
dem Ministerium des Innern (vergl. Art. 14 und Art. 7, Ziff. 2 der Königl. Verordnung vom 9. Sept. 1819) wie bisher mit den Ausnahme Recht zu
geben, daß der Oberpostmeister in Stuttgart ihn nicht mehr zu vertreten, vielmehr an dessen Stelle der Fürst Erbland=Postmeister eine
andere in Württemberg ansäßige Person zu seinem Vertreter aufzustellen hat. |
Art. 7 |
Der Staat tritt bei der Übernahme der Verwaltung der Posten in die von der fürstlich Taxis`schen Postverwaltung in
Bezug auf den württembergischen Postdienst geschlossenen Pacht=, Mieth= und sonstigen Verträgen bis zu deren Ablauf ein. |
Art. 8 |
Die Dienst=Cautionen der Postbediensteten, welche mit dem Uebergang der Königlichen Posten in Staatsverwaltung aus
dem Dienste des Fürsten Erblandpostmeisters scheiden, gehen auf den Staat über; sie bleiben jedoch sechs Monate lang von Uebergabe
der Postverwaltung an in der Art dem Fürsten Erbland=Postmeister zugleich verhaftet, daß derselbe für einen innerhalb dieser Frist
gegen den Postbeamten erhobenen Anspruch aus der früheren Dienstverwaltung sich an die Dienst=Caution halten kann, und zwar mit
Vorzugsrecht vor etwaigen Ansprüchen, welche der Staat gegen den betreffenden Postbeamten aus dessen Dienstverwaltung seit der
Uebernahme in den unmittelbaren Staatsdienst zu erhaben in den Fall kommen würde. |
Art. 9 |
Das Fürstliche Haus Thurn und Taxis erhält zur Entschädigung für das Postlehen eine vom 1. Januar 1850
ab in Vierteljahrsfristen auszubezahlende Rente aus der Staatskasse, welche vom Staate zu jeder Zeit im zwanzigfachen Betrag abgelöst werden
kann, bei deren Bemessung der Reinertrag des Postlehens, so wie er nach den Verhältnissen des letzteren zur Zeit des Ueberganges der
Postverwaltung an den Staat für die Folgezeit sich veranschlagt, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der mannlehenbaren Eigenschaft,
mit welcher die Postverwaltung dem Fürstlichen Hause verliehen war, als Maaßstab zu dienen hat. Die Bemessung der Rente erfolgt,
wenn die Betheiligten sich nicht verständigen, im ordentlichen Rechtswege, wobei der Richter die auf die Größe der
Entschädigung Einfluß übenden Momente, namentlich dei mannlehenbare Eigenschaft des Postlehens, nach billigem Ermessen zu
berücksichtigen hat. Uebrigens bleiben dem Staate sämmtliche Einreden und Rechtsmittel gegen die Ansprüche des
Fürstlichen Hauses auf dem Besitz und die Verwaltung der Königlichen Posten, insbesondere gegen die Gültigkeit des
Postlehensvertrags vom 1819, ausdrücklich vorbehalten. Bis zu endgültiger Festsetzung der Entschädigung wird in Ermanglung
anderer Uebereinkommens dem Fürsten, soferne er sich in Betreibung der ersteren keinen Verzug zu Schulden kommen läßt, eine von
der Verwaltungsbehörde unter Berücksichtigung des vorläufig bescheinigten Reinertrags des letzten Jahrs zu bestimmende Rente auf
Abrechnung ausbezahlt. Unsere Ministerien des Innern und der Finanzen sind mit dem Vollzuge dieses seit dem 6. Juli d. J. sanktionirten Gesetzes
beauftragt. Gegeben, Stuttgart den 17. December 1849 |
Wilhelm. Herdegen. Schlayer. Wächter. Baur. Hänlein. |
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